Von den Texten, die erfahrungsgemäß die am wenigsten beachtete Komponente im Progressive Rock darstellen, kommen wir nun zu dem Bestandteil der Musik, welcher den weitaus größten Teil der Aufmerksamkeit des Publikums erhält, zum Sound.
Durch den Gesamtsound, d.h. den im technischen Sinne erreichten Gesamtsound, wird im allgemeinen der erste Höreindruck vermittelt. Darin liegen die Beweggründe von Millionen Rock-Musikern, ihre letzten Groschen in neueste Instrumententechnik zu investieren und der enorme Umsatz der Musikinstrumente-Industrie begründet.
Naturgemäß ist der Einfluß des Gesamtsound bei Mainstream Musik am größten, die ihre Hörer in erster Linie über den Faktor Sound akquiriert. Erstaunlicherweise ist dies im Prog Bereich ebenfalls sehr ausgeprägt. Es ist sicher nachzuvollziehen, daß von zwei, in anderen Qualitätskriterien gleichwertigen Platten jene bevorzugt wird, welche den besseren Gesamtsound aufweist. Es handelt sich dabei um die unterbewußte Aufnahme eines pauschal empfundenen Gesamteindruckes, den zu optimieren ein sicherlich anzustrebendes Unterfangen darstellt.
Auf der anderen Seite geraten manche Meisterwerke nur aus dem Grund ins Abseits, daß deren Produktionstechnik nicht ganz dem letzen Stand entspricht. Je weiter die Platte dann vom jeweilig empfundenen Soundideal entfernt ist, desto größere Willensanstengungen fordert sie vom Hörer hinter die vielleicht nicht ganz makellose Soundfassade zu schauen und sich die Perlen herauszusuchen.
Hierbei handelt es sich ausnahmsweise um ein Kriterium, daß sich nur in bescheidenem Maße einer objektiven Beurteilung widersetzt - im Gegensatz zum subjektiven Empfinden des Hörers gegenüber einzelnen Instrumentenarten und die damit verbundenen Arrangementtechniken. In diesem Punkt können zwei Hörer diametral gegensätzlich empfinden.
Am deutlichsten wird diese Divergenz der Hörerschaft am Beispiel der menschlichen Stimme. Hier gehen die Geschmäcker auseinander, wie bei keinem anderen Instrument. Dies liegt vor allem darin begründet, daß die Stimme die direkteste zwischenmenschliche Artikulationsmöglichkeit und damit auch den direktesten Weg zur Aufnahme durch den Hörer darstellt.
Schwingt beim Gesang nur ein leichtes Unbehagen beim Hörer mit, hat er sofort Probleme, die Musik vorbehaltlos zu konsumieren. Mißfällt der Klang eines so wichtigen Instruments, treten bei vielen Hörern fast alle anderen Qualitäten der Musik so stark in den Hintergrund, daß die gerade beim Prog so wichtigen Bestandteile Komposition und Arrangement keine Chance haben, gebührend beachtet zu werden, und es resultiert eine pauschale Ablehnung der Musik als Ganzes.
Hinter einer derartigen pauschalen Ablehnung eines Sängers nur aufgrund des Timbres seiner Stimme tritt jede gesangstechnische Objektivität bei der Beurteilung in den Hintergrund. Denn im Gegensatz zur landläufig häufig geäußerten Meinung, daß gewisse Sänger ja garnicht singen könnten, ist die Intonation bzw. Gesangstechnik nur bei sehr wenigen Sängern, in deren Falle dies bemängelt wird, wirklich so schlecht, wie es behauptet wird.
Dies wird deutlich, wenn man unterschiedliche Hörerbeurteilungen ein und desselben Sängers betrachtet. Man trifft z. B. häufig auf starke Ablehnung der "Fistelstimme" von Jon Anderson von Yes mit der Begründung, man könne sich das Gepfiepe ja nicht länger anhören. Und dies, obwohl Jon Anderson zweifellos über eine anerkannt hervorragende Stimme und Intonation verfügt. Für Yes Fans stellt seine Stimme die Offenbahrung schlechthin dar.
Ebenso unbegründet ist die Meinung, die Disco Miezen könnten ja gar nicht singen. Ein grob falsch intonierter Gesang ist wirklich unerträglich und kann (ebenfalls gegen landläufige Meinung) mit der besten Studiotechnik (noch) nicht hingebogen werden. Allenfalls kann eine etwas dünne Stimme mit Kompressoren, Equalizern, Excitern und anderen Effektgeräten "fetter gemacht" werden, aber in keinem Fall kann die Intonation verbessert werden.
Ein weiteres Beispiel ist Robert Smith von der Gruppe Cure, der ganz bewußt um die eigentlich korrekte Intonation "herumeiert", dies aber offenbar so originell tut, daß Cure zu erheblicher Popularität gelangen konnten. Auf der anderen Seite ist noch lange nicht gesagt, daß ein Sänger mit perfekter Gesangstechnik auch allen Hörern gefallen wird. In diesen Fall müßten klassisch ausgebildete Sänger mit ihrer opernhaft anmutenden Intonation von den meisten Hörern bevorzugt werden. Viele Hörer finden den klassischen Gesangsstil aber sehr ermüdend, da die Betonung haupsächlich auf den Vokalen liegt und der Text dadurch kaum verständlich ist. Die Übergänge sind hier sicherlich fließend.
Ein objektiv zu beurteilendes und für den Prog Bereich sehr wichtiges Kriterium in bezug auf den Gesang wird in Kritiken nur sehr selten angesprochen, die Phrasierung.
Unter Phrasierung verstehe ich die Verteilung der Textschwerpunkte, Konsonanten und Vokale, auf die musikalisch, bzw. rythmisch zur Verfügung stehenden Einheiten. Hier kann man bei Anfängern meist eine sehr gleichförmige Betonung der rythmischen Hauptschwerpunkte beobachten, was auf die Dauer ermüdend wirkt. In positiver Hinsicht kann durch eine hervorragende Phrasierung die Wortbedeutung innerhalb eines Songtextes immens verstärkt dargebracht werden. In dieser Hinsicht hervorragende Sänger sind Peter Gabriel auf den frühen Genesis und Fish auf den ersten Marillion Alben.
Meines Wissens nach war Peter Gabriel einer der ersten Rocksänger, der konsequent die Möglichkeiten einer hyperrealistischen, übertriebenen Artikulation als Stilmittel eingesetzt hat. Er hat dies für seine Rollenspiele in "Get ém out by Friday" und "Return of the Giant Hogweed" wahrscheinlich unterbewußt von Comedy Künstlern übernommen und kultiviert, später dann leider wieder abgelegt.
Er dient damit aber als Vorbild für viele Prog Sänger der zweiten Generation, von denen jedoch nur wenige diese Variabilität und emotionale Eindringlichkeit erreichen. Für mein Empfinden ist diese Art zu singen und zu phrasieren eine der interessantesten gesanglichen Möglichkeiten und ich würde es sehr begrüßen, wenn klassische Opernwerke in diesem Stiel gesungen würden. Sie würden für mich und viele andere Rockhörer dadurch bestimmt wesentlich zugänglicher.
Im Prog Bereich sind einige bestimmte Instrumente besonders beliebt, wie z.B. das Mellotron, welche unter Umständen eine ähnlich starke emotionale Wirkung auf den Prog Hörer haben können wie die menschliche Stimme. Beim Mellotron liegt die Erklärung dafür wahrscheinlich in der eigenartigen Kombination von ausdrucksstarken Naturklängen, gepaart mit leichter Übersteuerung, immer leicher Verstimmung durch die etwas unzulängliche Mellotrontechnik, dem abrupten Anschlag und der instrumentenatypischen speziellen Spielweise, die das Mellotron erfordert.
Im Mellotron sind echte Orchesterklänge auf einzelne Tonbänder aufgenommen worden, welche durch Tastendruck abgespielt werden. Nach etwa 8 Sekunden ist das Band allerdings am Ende angelangt, der Ton bricht ab und man muß beim Spielen auf einen anderen Ton wechseln. Durch diese spielerische Begrenzung entstand eine spezielle Spieltechnik, um lang anhaltende Soundflächen zu bekommen: Das ständige Übergreifen mit zwei Händen unter Ausnutzung anderer Töne des entsprechenden Akkords. Dadurch wurde eine zusätzliche Vielschichtigkeit in der Spielweise erzwungen. All diese Faktoren zusammen machen den Reiz des Mellotrons aus.
Trotzdem ist dieser Sound, wie alle anderen, natürlich Geschmackssache. Ein guter Grundklang, gepaart mit einer ausdrucksstarken Spieltechnik in gutem klanglichen Zusammenspiel mit anderen Klängen ist sicherlich immer die beste Voraussetzung für eine positive Aufnahme durch den Hörer, egal welche Musikrichtung betrachtet wird.
Die Rolle des Sound im Prog
Von den Texten, die erfahrungsgemäß die am wenigsten beachtete Komponente im Progressive Rock darstellen, kommen wir nun zu dem Bestandteil der Musik, welcher den weitaus größten Teil der Aufmerksamkeit des Publikums erhält, zum Sound.
Durch den Gesamtsound, d.h. den im technischen Sinne erreichten Gesamtsound, wird im allgemeinen der erste Höreindruck vermittelt. Darin liegen die Beweggründe von Millionen Rock-Musikern, ihre letzten Groschen in neueste Instrumententechnik zu investieren und der enorme Umsatz der Musikinstrumente-Industrie begründet.
Naturgemäß ist der Einfluß des Gesamtsound bei Mainstream Musik am größten, die ihre Hörer in erster Linie über den Faktor Sound akquiriert. Erstaunlicherweise ist dies im Prog Bereich ebenfalls sehr ausgeprägt. Es ist sicher nachzuvollziehen, daß von zwei, in anderen Qualitätskriterien gleichwertigen Platten jene bevorzugt wird, welche den besseren Gesamtsound aufweist. Es handelt sich dabei um die unterbewußte Aufnahme eines pauschal empfundenen Gesamteindruckes, den zu optimieren ein sicherlich anzustrebendes Unterfangen darstellt.
Auf der anderen Seite geraten manche Meisterwerke nur aus dem Grund ins Abseits, daß deren Produktionstechnik nicht ganz dem letzen Stand entspricht. Je weiter die Platte dann vom jeweilig empfundenen Soundideal entfernt ist, desto größere Willensanstengungen fordert sie vom Hörer hinter die vielleicht nicht ganz makellose Soundfassade zu schauen und sich die Perlen herauszusuchen.
Hierbei handelt es sich ausnahmsweise um ein Kriterium, daß sich nur in bescheidenem Maße einer objektiven Beurteilung widersetzt - im Gegensatz zum subjektiven Empfinden des Hörers gegenüber einzelnen Instrumentenarten und die damit verbundenen Arrangementtechniken. In diesem Punkt können zwei Hörer diametral gegensätzlich empfinden.
Am deutlichsten wird diese Divergenz der Hörerschaft am Beispiel der menschlichen Stimme. Hier gehen die Geschmäcker auseinander, wie bei keinem anderen Instrument. Dies liegt vor allem darin begründet, daß die Stimme die direkteste zwischenmenschliche Artikulationsmöglichkeit und damit auch den direktesten Weg zur Aufnahme durch den Hörer darstellt.
Schwingt beim Gesang nur ein leichtes Unbehagen beim Hörer mit, hat er sofort Probleme, die Musik vorbehaltlos zu konsumieren. Mißfällt der Klang eines so wichtigen Instruments, treten bei vielen Hörern fast alle anderen Qualitäten der Musik so stark in den Hintergrund, daß die gerade beim Prog so wichtigen Bestandteile Komposition und Arrangement keine Chance haben, gebührend beachtet zu werden, und es resultiert eine pauschale Ablehnung der Musik als Ganzes.
Hinter einer derartigen pauschalen Ablehnung eines Sängers nur aufgrund des Timbres seiner Stimme tritt jede gesangstechnische Objektivität bei der Beurteilung in den Hintergrund. Denn im Gegensatz zur landläufig häufig geäußerten Meinung, daß gewisse Sänger ja garnicht singen könnten, ist die Intonation bzw. Gesangstechnik nur bei sehr wenigen Sängern, in deren Falle dies bemängelt wird, wirklich so schlecht, wie es behauptet wird.
Dies wird deutlich, wenn man unterschiedliche Hörerbeurteilungen ein und desselben Sängers betrachtet. Man trifft z. B. häufig auf starke Ablehnung der "Fistelstimme" von Jon Anderson von Yes mit der Begründung, man könne sich das Gepfiepe ja nicht länger anhören. Und dies, obwohl Jon Anderson zweifellos über eine anerkannt hervorragende Stimme und Intonation verfügt. Für Yes Fans stellt seine Stimme die Offenbahrung schlechthin dar.
Ebenso unbegründet ist die Meinung, die Disco Miezen könnten ja gar nicht singen. Ein grob falsch intonierter Gesang ist wirklich unerträglich und kann (ebenfalls gegen landläufige Meinung) mit der besten Studiotechnik (noch) nicht hingebogen werden. Allenfalls kann eine etwas dünne Stimme mit Kompressoren, Equalizern, Excitern und anderen Effektgeräten "fetter gemacht" werden, aber in keinem Fall kann die Intonation verbessert werden.
Ein weiteres Beispiel ist Robert Smith von der Gruppe Cure, der ganz bewußt um die eigentlich korrekte Intonation "herumeiert", dies aber offenbar so originell tut, daß Cure zu erheblicher Popularität gelangen konnten. Auf der anderen Seite ist noch lange nicht gesagt, daß ein Sänger mit perfekter Gesangstechnik auch allen Hörern gefallen wird. In diesen Fall müßten klassisch ausgebildete Sänger mit ihrer opernhaft anmutenden Intonation von den meisten Hörern bevorzugt werden. Viele Hörer finden den klassischen Gesangsstil aber sehr ermüdend, da die Betonung haupsächlich auf den Vokalen liegt und der Text dadurch kaum verständlich ist. Die Übergänge sind hier sicherlich fließend.
Ein objektiv zu beurteilendes und für den Prog Bereich sehr wichtiges Kriterium in bezug auf den Gesang wird in Kritiken nur sehr selten angesprochen, die Phrasierung.
Unter Phrasierung verstehe ich die Verteilung der Textschwerpunkte, Konsonanten und Vokale, auf die musikalisch, bzw. rythmisch zur Verfügung stehenden Einheiten. Hier kann man bei Anfängern meist eine sehr gleichförmige Betonung der rythmischen Hauptschwerpunkte beobachten, was auf die Dauer ermüdend wirkt. In positiver Hinsicht kann durch eine hervorragende Phrasierung die Wortbedeutung innerhalb eines Songtextes immens verstärkt dargebracht werden. In dieser Hinsicht hervorragende Sänger sind Peter Gabriel auf den frühen Genesis und Fish auf den ersten Marillion Alben.
Meines Wissens nach war Peter Gabriel einer der ersten Rocksänger, der konsequent die Möglichkeiten einer hyperrealistischen, übertriebenen Artikulation als Stilmittel eingesetzt hat. Er hat dies für seine Rollenspiele in "Get ém out by Friday" und "Return of the Giant Hogweed" wahrscheinlich unterbewußt von Comedy Künstlern übernommen und kultiviert, später dann leider wieder abgelegt.
Er dient damit aber als Vorbild für viele Prog Sänger der zweiten Generation, von denen jedoch nur wenige diese Variabilität und emotionale Eindringlichkeit erreichen. Für mein Empfinden ist diese Art zu singen und zu phrasieren eine der interessantesten gesanglichen Möglichkeiten und ich würde es sehr begrüßen, wenn klassische Opernwerke in diesem Stiel gesungen würden. Sie würden für mich und viele andere Rockhörer dadurch bestimmt wesentlich zugänglicher.
Im Prog Bereich sind einige bestimmte Instrumente besonders beliebt, wie z.B. das Mellotron, welche unter Umständen eine ähnlich starke emotionale Wirkung auf den Prog Hörer haben können wie die menschliche Stimme. Beim Mellotron liegt die Erklärung dafür wahrscheinlich in der eigenartigen Kombination von ausdrucksstarken Naturklängen, gepaart mit leichter Übersteuerung, immer leicher Verstimmung durch die etwas unzulängliche Mellotrontechnik, dem abrupten Anschlag und der instrumentenatypischen speziellen Spielweise, die das Mellotron erfordert.
Im Mellotron sind echte Orchesterklänge auf einzelne Tonbänder aufgenommen worden, welche durch Tastendruck abgespielt werden. Nach etwa 8 Sekunden ist das Band allerdings am Ende angelangt, der Ton bricht ab und man muß beim Spielen auf einen anderen Ton wechseln. Durch diese spielerische Begrenzung entstand eine spezielle Spieltechnik, um lang anhaltende Soundflächen zu bekommen: Das ständige Übergreifen mit zwei Händen unter Ausnutzung anderer Töne des entsprechenden Akkords. Dadurch wurde eine zusätzliche Vielschichtigkeit in der Spielweise erzwungen. All diese Faktoren zusammen machen den Reiz des Mellotrons aus.
Trotzdem ist dieser Sound, wie alle anderen, natürlich Geschmackssache. Ein guter Grundklang, gepaart mit einer ausdrucksstarken Spieltechnik in gutem klanglichen Zusammenspiel mit anderen Klängen ist sicherlich immer die beste Voraussetzung für eine positive Aufnahme durch den Hörer, egal welche Musikrichtung betrachtet wird.